"Schmeicheln wir uns indes nicht zu sehr mit unsern menschlichen Siegen über die Natur. Für jeden solchen Sieg rächt sie sich an uns. […] Und so werden wir bei jedem Schritt daran erinnert, daß wir keineswegs die Natur beherrschen, wie ein Eroberer ein fremdes Volk beherrscht, wie jemand, der außer der Natur steht - sondern daß wir mit Fleisch und Blut und Hirn ihr angehören und mitten in ihr stehn, und daß unsre ganze Herrschaft über sie darin besteht, im Vorzug vor allen andern Geschöpfen ihre Gesetze erkennen und richtig anwenden zu können.“
(Friedrich Engels, Dialektik der Natur)
Die neuere Marx-Forschung zeigt, dass sich Karl Marx genau wie Friedrich Engels intensiv mit der Ökologie und den Folgen der Ausbeutung der Natur auseinandergesetzt hat. So sprach Marx von einem „ökologischen Bruch“ und wies darauf hin, dass die Produktivkräfte an natürliche Grenzen stoßen werden. Dabei hat er eine erste Grundlage für eine systematische Theorie der Natur im Kapitalismus entworfen, die weit über den Fortschrittsoptimismus der damaligen Zeit hinausgegangen ist. Anders als viele Ökonomen der damaligen Zeit, die den ökologischen Problemen eine geringe bis gar keine Bedeutung zugemessen haben, hatte Marx in seinen Ausarbeitungen bereits intensiv über die Verknappung von Ressourcen, die Verschmutzung der Umwelt, über Bodendegradation und weitere Umweltprobleme durch den ausbeuterischen Charakter das Kapitalismus geschrieben. In seinen Exzerpten findet man ein ausgeprägtes Gespür für Umweltschäden durch die kapitalistische Produktionsweise.
Samstag, 15. Dezember 2018 ∙ 10–17:30 Uhr
Veranstaltungsort:
Rosa-Luxemburg-Stiftung
Franz-Mehring-Platz 1
10243 Berlin
Eine Anmeldung ist erforderlich.
Anmeldung und Auskunft:
NaturFreunde Deutschlands
Bundesgeschäftsstelle
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Marx wies darauf hin, dass „die entfremdete Arbeit […] das Gattungswesen des Menschen, sowohl die Natur als sein geistiges Gattungsvermögen, zu einem ihm fremden Wesen“ mache. Weiter: „Sie entfremdet dem Menschen seinen eignen Leib, wie die Natur außer ihm, wie sein geistiges Wesen, sein menschliches Wesen.“
Schon 1848 wies Marx im Kommunistischen Manifest darauf hin, dass „die Bourgeoisie […] in ihrer kaum hundertjährigen Klassenherrschaft massenhaftere und kolossalere Produktionskräfte geschaffen [hat] als alle vergangenen Generationen zusammen. Unterjochung der Naturkräfte, Maschinerie, Anwendung der Chemie auf Industrie und Ackerbau, Dampfschiffahrt, Eisenbahnen, elektrische Telegraphen, Urbarmachung ganzer Weltteile, Schiffbarmachung der Flüsse, ganze aus dem Boden hervorgestampfte Bevölkerungen“. Weiter führte er aus, dass im entwickelten Kapitalismus die Industrien „die nicht mehr einheimische[n] Rohstoffe, sondern den entlegensten Zonen angehörige Rohstoffe verarbeiten und deren Fabrikate nicht nur im Lande selbst, sondern in allen Weltteilen zugleich verbraucht werden“. In der „Deutschen Ideologie“ analysiert er, dass „in der Entwicklung der Produktivkräfte […] eine Stufe ein[tritt], auf welcher Produktionskräfte und Verkehrsmittel hervorgerufen werden, welche unter den bestehenden Verhältnissen nur Unheil anrichten, welche keine Produktionskräfte mehr sind, sondern Destruktionskräfte“.
Im dritten Band des Kapitals führt er aus, dass „jeder Fortschritt der kapitalistischen Agrikultur […] nicht nur ein Fortschritt in der Kunst [ist …] den Boden zu berauben, jeder Fortschritt in Steigerung seiner Fruchtbarkeit für eine gegebne Zeitfrist zugleich ein Fortschritt in Ruin der dauernden Quellen dieser Fruchtbarkeit“ ist.
Was haben die NaturFreunde mit Marx zu tun?
Die Geschichte der NaturFreunde ist unmittelbar mit der Entstehung der organisierten Arbeiter*innenbewegung verbunden. Als die Gründung einer „touristischen Gruppe“ durch den Wiener Sozialisten, Freidenker und Lehrer Georg Schmiedl in der "Arbeiterzeitung" angekündigt wurde, war der Grundstein für die NaturFreunde gelegt. Am 16. September gründeten dann 185 Genoss*innen in Wien den "Touristenverein Die Naturfreunde". Für die damaligen Gründungsmitglieder war es selbstverständlich, sich politisch und theoretisch auf die bekannten Theoretiker*innen der Arbeiter*innenbewegung zu berufen. An den Theorien von Karl Marx kam zur damaligen Zeit keine*r vorbei. Seitdem hat die Auseinandersetzung mit den theoretischen Grundlagen von Marx auch die Arbeit der NaturFreunde intensiv beeinflusst. Seine Überzeugung, dass es im Rahmen der gesellschaftlichen Entwicklung zu einem Fortschreiten der Produktivkräfte kommen werde, hat das Denken der Arbeiter*innenbewegung intensiv geprägt.
Schon früh wurde bei den NaturFreunden über die negativen Folgen einer ungehemmten Industrialisierung und die Auswirkungen auf die arbeitenden Menschen diskutiert. In einem Artikel im „Fahrtgenoss“ aus dem Jahr 1920 bedauerte Erich Häfner, dass viele „junge Menschen, die doch auch Arbeiterkinder sind, […] keine oder nur eine ungenügende Ahnung von Naturerkenntnis und vom Denken eines im sozialistischen Sinne erzogenen Arbeiters“ hätten.
Mit der Fachtagung „Arbeit gegen Natur? Marx und die ökologische Frage“ soll untersucht werden, welche Impulse die Theorie von Karl Marx für die NaturFreunde und ihr Verständnis von Natur- und Umweltschutz sowie bei der Entwicklung ihrer theoretischen Grundlagen gegeben hat.
Als Begründer des „Marxismus“ verbinden viele mit Karl Marx auch heute noch den Ökonomen, Sozialisten und Philosophen, dem es vor allem um die Ökonomie, aber nicht um die Ökologie ging. Die Fachtagung „Arbeit gegen Natur? Marx und die ökologische Frage“ will dieses Vorurteil hinterfragen und anhand aktueller Diskussionen und wissenschaftlicher Arbeiten den „grünen Marx“ vorstellen.